Braucht man denn für alles einen Vertrag, damit es gut läuft? Eine gute Frage! Schau mal hier !

Für geschäftliche Abläufe, für unsere Arbeit und Verpflichtungen, für unsere Selbständigkeit. Für fast alles gibt es Vorgaben, Abläufe, Regeln, Verträge. Diese geben uns bestenfalls Orientierung und Sicherheit.

Genau das kann eine Partnerschaft in dieser Krise auch gebrauchen. Orientierung und Sicherheit. Paare mit einer intakten Beziehung sind meist auch diejenigen, die bestimmte Grundsätze des gemeinsamen Alltags diskutieren und sich auf diese einigen. Sie halten fest, was ihnen wichtig ist, was sie brauchen und erreichen wollen. Aber auch, was sie voneinander brauchen und was sie im Gegenzug bereit sind, zu geben. Also lasst uns diskutieren! Für die Beziehung!

Sind die Grundsätze nämlich einmal festgelegt, kann eine gemeinsame Vereinbarung darüber getroffen werden, diese bestimmen dann die praktischen Lösungen. Ich nenne ihn Beziehungsvertrag, weil er die Beziehung festigen kann. Und einer Beziehung Sicherheit besonders in Krisenzeiten gibt.

So könntet ihr vorgehen: Holt euch zunächst hier den Beziehungsvertrag.

Einigt euch auf einen Tag / einen Abend. Haltet Ablenkungen fern, also Handy aus! Jeder von euch macht sich zunächst einzeln Gedanken über die unten stehenden Fragen. (Nehmt nur die Fragen, die für eure Beziehung Sinn machen, evtl. ergänzt ihr noch mit eigenen Fragen). Wir alle können nicht in die Zukunft schauen, wie lange Corona uns dazu zwingt, unser Leben zu verändern. Aber sagen wir mal, wir schauen auf die kommenden drei Monate. Anschließend teilt ihr eure Gedanken eurem Partner mit. Worüber seid ihr euch einig? Das ist doch schon mal eine wunderbare gemeinsame Basis. Diese Vorgehensweise könnt ihr als Grundlage für alle anderen anstehenden praktischen Probleme nutzen, die jetzt anstehen. Es ist sinnvoll, die Vereinbarungen in regelmäßigen Abständen, z.B. einmal pro Woche, zu überprüfen. Denn es gelingt eher nicht, einen Vertrag für drei Monate zu machen. Legt auch den Überprüfungszeitraum vorher in eurem Beziehungsvertrag fest!

Was ist für dich in dieser Zeit am wichtigsten? (deine drei wichtigsten Ziele – neben Gesundheit) Wenn du in drei Monaten zurück blickst … was willst du erledigt haben? Welches Projekt angefangen oder beendet? Welche Beziehung gepflegt? Welche Schritte geplant? Ziele zu haben sind wichtig, um nach drei Monaten zu messen, wo du angekommen bist oder ob du noch auf dem Weg bist. Aber auch, wie gut du diese Zeit genutzt hast.

Wessen Karriere hat Vorrang? Wenn ihr beide von zu Hause aus arbeitet und euch gleichzeitig auch noch um Kinder oder pflegebedürftige Angehörige kümmert, müsst ihr klären, wessen Arbeit wann Priorität hat. Hat eine der Karrieren stets Vorrang vor der anderen? Versucht ihr, eine gleichberechtigte Aufteilung beizubehalten? Oder gibt es bestimmte Wochen, in denen einer dem anderen den Rücken freihalten könnte? Es ist wirklich wichtig, dies zu klären. Dann ist es möglich, die tägliche Arbeitszeit aufzuteilen und jeder weiß, ab wann und warum die Arbeit des Anderen in bestimmten Momenten Vorrang hat. Das macht es leichter, sich zurück zu nehmen, ohne unzufrieden zu sein.

Einigt euch auf (wenige!) Erziehungsprinzipien! Es sind außergewöhnliche Zeiten für berufstätige Eltern, und die Grundsätze, an denen wir normalerweise festhalten, werden sich anpassen müssen. Wie lange dürfen eure Kinder vor Laptop oder Fernseher sitzen? Wie stark wollt und müsst ihr euch im Heimunterricht engagieren? Wie sprecht ihr mit den Kindern über die Krise und wie antwortet ihr auf deren Sorgen? Wenn ihr euch als Erwachsene einig seid über Regeln und dies euren Kindern auch klar vermitteln könnt, wird es leichter, zu Hause Grenzen (und Frieden) zu wahren. Das ist ja nicht nur in Krisenzeiten so. Aber aktuell wichtiger denn je!

Was braucht ihr voneinander, damit das alles funktioniert? Wir alle sehnen uns nach Unterstützung, aber wie sieht das für euch als Erwachsene aus, emotional und praktisch? Brauchst du z.B. die Sicherheit, dass du jeden Abend 15 Minuten ungeteilte Aufmerksamkeit von deinem Partner haben wirst, um den Tag zu besprechen? Oder muss dein Partner vielleicht einige der Aufgaben übernehmen, für die du sonst zuständig bist? Was brauchst du, um den ausgehandelten „Beziehungsvertrag“ einhalten zu können? Wahrscheinlich sind eure Bedürfnisse unterschiedlich. Das ist OK. Die Bedürfnisse des anderen zu berücksichtigen, beweist eure Liebe – beides brauchen wir, um diese Zeiten zu überstehen.

Was bereitet dir die größten Sorgen? Krisen können Angst auslösen! Machst du dir Sorgen um deinen Arbeitsplatz, um deine Partnerschaft, um die Kinder? Hast du Angst davor, dass deine Eltern, deine Liebsten oder du selbst krank wirst? Egal was dich umtreibt: schlucke deine Sorgen nicht einfach runter. Es ist für euch als Paar wichtig zu wissen, was der andere denkt und worüber er sich sorgt. Habe keine Angst, deinen Partner mit deinen Sorgen zu belasten. Sie anzusprechen, kann eure Beziehung stärken und ihr könnt euch gemeinsam praktische Schritte überlegen, um eure Sorgen zu lindern.

Wenn ihr euch als Paar auf euren ganz persönlichen Beziehungsvertrag geeinigt habt, wenn ihr miteinander im Gespräch bleibt, dann werdet ihr diese Zeit überstehen – und vielleicht wird eure Beziehung anschließend sogar noch stärker sein. Wunderbare Dinge könnten geschehen: eine lang geplante Reise wird gebucht, Hochzeitsglocken könnten erklingen, ein lange geplantes Projekt in die Tat umgesetzt. Dann dürft ihr euch freuen, denn ihr habt diese Krise wunderbar genutzt und eure Beziehung gestärkt. Beziehungsvertrag sei dank! Dafür war er gut!

Bleibt zuversichtlich und vor allen Dingen: bleibt oder werdet gesund!

Eure / Ihre Gabriela Saul